Wolbrechtshausen. Heike Müller-Otte geht zum fünften Mal um die alte Buche in der Feldmark bei Thüdinghausen herum und blickt prüfend in die Baumkrone. „Er muss doch hier irgendwo sein“, sagt die 46-Jährige und kontrolliert erneut die Koordinaten, die ihr GPS-Gerät zeigt. „Er“ ist ein Geocache, ein kleiner Behälter und das Ziel der modernen Schnitzeljagd, mit der Heike Müller-Otte gerne ihre Freizeit verbringt. Dazu hat sie momentan wenig Zeit: Am 25. Mai will sie die Moringer Bürgermeisterwahl gewinnen.

Im Wahlkampf geht Müller-Otte ähnlich vor wie beim Geocaching: systematisch, ausdauernd und offen. Sie hat sich für die „Ochsentour“ entschieden und geht in den Moringer Ortschaften von Tür zu Tür. „Ich muss und ich will das machen“, sagt Müller-Otte, die in Hardegsen aufwuchs und in Wolbrechtshausen lebt.
Netzwerken als Beruf
Die Menschen müssten sie schließlich kennenlernen können. Zudem mache es ihr Spaß, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. „Ich kann mich für Neues schnell begeistern.“ Seit Neuestem ist sie an drei Abenden pro Woche in ihrem Wahllädchen an der Langen Straße in Moringen anzutreffen. Bis jetzt hätten die Moringer durchaus positiv auf sie reagiert, sagt die Kandidatin. In Oldenrode etwa hätten ihr die Einwohner beim Rundgang etwa gleich die frisch renovierte Kapelle gezeigt.
Menschen und ihre Probleme kennenzulernen und mit ihnen an Lösungen zu arbeiten – das macht auch Müller-Ottes Beruf aus. Als Mitarbeiterin der Wirtschaftsförderung im Landkreis Göttingen besucht sie oft heimische Firmen. „Das ist ein bisschen wie bei der Sendung mit der Maus. Ich darf bei den Firmen hinter die Kulissen gucken“, sagt die Verwaltungs-Betriebswirtin und strahlt. Im Gegenzug hilft sie den Firmen unter anderem dabei, neue Jobs zu schaffen.
Im Mütterzentrum Nörten-Hardenberg setzt sich Müller-Otte für Frauen ein: Aus eigener Erfahrung weiß die Mutter dreier Kinder, wie schwer es ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Ihre Familie stehe hinter ihr, betont Müller-Otte. Nachdem die Moringer CDU sie um ihre Kandidatur gebeten hatte, tagte erstmal der Familienrat. Dann sagte Müller-Otte zu, als Einzelbewerberin anzutreten.
Unterstützung der Familie
Ihr Mann, Servicetechniker Christoph Otte, kümmert sich vermehrt um die Söhne Phillip (14) und Frederik (10), wenn Heike Müller-Otte zu Wahlkampfterminen unterwegs ist. „Die Jungs sind in den vergangenen Monaten super selbstständig geworden“, freut sich die Kandidatin. Hilfe erhält sie auch aus den USA, wo Tochter Karoline (17) ein Highschool-Jahr verbringt. „Sie hat sich etwas geärgert, dass sie jetzt nicht da sein kann“, berichtet Müller-Otte. Karoline hat für die Grüne Jugend schon bei Wahlkämpfen geholfen. Nun betreut sie die Internetseite ihrer Mutter eben von Texas aus.
Ihren Urlaub verbringt Heike Müller-Otte am liebsten mit ihrer Familie in Skandinavien, natürlich oft mit Geocaching. Denn damit könne man auch Kinder ins Grüne locken. Vor 14 Jahren hat die 46-Jährige mit dem Schwedisch-Lernen begonnen: „Eine Freundin hat einen Schweden geheiratet. Ich dachte, die wandern aus.“ Die Freundin ist wieder in Deutschland, Müller-Ottes Faszination für Schwedisch ist geblieben. Davon zeugen auch die vielen Deko-Elche, die ihr gemütliches Holzhaus zieren. Das tun auch die alten Landkarten, die, von einer Folie geschützt, auf dem Esstisch liegen und die Region im 18. und 19. Jahrhundert zeigen – neben Konzert- und Theaterbesuchen eine weitere Leidenschaft von Heike Müller-Otte.
Einige Tage nach unserer Geocaching-Tour zur Buche trudelt eine E-Mail von Müller-Otte in der Redaktion ein. „Den Baumcache habe ich gestern mit Hilfe meines Sohnes und einer Räuberleiter bergen können“, schreibt sie. Die Neugier hat gesiegt.
“Quelle: HNA, 23.04.2014, Foto und Text von Friederike Steensen”